Eine stabile Aufenthaltsdauer sowie eine Wertschöpfung und Nachfrage, die erwartungsgemäß noch etwas hinter den Werten vor Corona zurückliegen – diese Eckpunkte prägen die zu Ende gehende Wintersaison im Tiroler Tourismus, mit deren wirtschaftlicher Entwicklung sich 90 Prozent der Beherbergungsbetriebe zufrieden zeigen. Für den kommenden Sommer herrscht dank einer guten Buchungslage Zuversicht.
Mit 30. April endet die Wintersaison. Sie ist die erste ohne coronabedingte Beschränkungen seit 2018/19, die damit die Referenz für das aktuelle Ergebnis bildet. Im Rahmen eines Pressegesprächs zogen Branchenvertreter:innen Bilanz. "Nach einer Berechnung des MCI Tourismus erreichen wir in der diesjährigen Wintersaison eine Wertschöpfung von rund 3,5 Milliarden Euro. Inflationsbereinigt kommen wir damit bis auf sechs Prozent an den Wert aus der Wintersaison 2018/19 heran", betonte Tourismuslandesrat Mario Gerber. Dieses solide Winterergebnis spiegelt sich auch im saisonalen Tourismusbarometer wider, einer repräsentativen Befragung unter Tirols Beherbergungsbetrieben. 90 Prozent davon sind mit dem wirtschaftlichen Erfolg der aktuellen Wintersaison sehr zufrieden bzw. zufrieden.
In der aktuellen Wintersaison sind derzeit fünf von sechs Monaten – November 2022 bis März 2023 – ausgewertet. Diese entsprechen im Schnitt rund 90 Prozent der gesamten Winternächtigungen. In diesem Zeitraum bilanziert Tirols Tourismus 5,1 Millionen Ankünfte. Damit liegt das Ergebnis 7,4 Prozent hinter dem Vergleichszeitraum vor der Pandemie zurück. Bei den Nächtigungen hält die Branche bei 23,2 Millionen – damit fehlen 6,8 Prozent auf die Werte von 2018/19. "Trotz dieses Rückstands sind wir zufrieden, zumal es uns schon lange nicht mehr um ein quantitatives, sondern ein qualitatives Wachstum geht", macht Gerber deutlich. "Zudem war die Ausgangslage alles andere als einfach. Energieknappheit, eine massive Teuerung bei den Energiepreisen und die hohe Inflation hatten zu Beginn der Wintersaison für Unsicherheit und Zurückhaltung gesorgt. Die Branche hat diese vielfältigen Herausforderungen aber sehr gut gemeistert", so Gerber.
Bezogen auf die Herkunftsmärkte bestätigt sich einmal mehr die Bedeutung Deutschlands. Die Ankünfte deutscher Gäste liegen im Vergleich zur Vorcoronazeit 2018/19 mit 2,6 Millionen zwar um 5,1 Prozent zurück und die Nächtigungen mit 11,7 Millionen um 6,3 Prozent. Demnach stammt aber weiterhin jede zweite Nächtigung von einem deutschen Gast. Ein Wachstum gab es aus dem Markt Niederlande: Die Ankünfte stiegen um 5,8 Prozent auf 650.000, die Nächtigungen um 6,0 Prozent auf 3,6 Millionen. Der Heimmarkt hat das Niveau vor der Pandemie noch nicht wieder erreicht. 500.000 Ankünfte von Gästen aus Österreich bedeuten ein Minus von 7,1 Prozent. Mit 1,5 Millionen Nächtigungen fehlen 7,7 Prozent auf den Vergleichszeitraum 2018/19.
Stabil geblieben ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer mit 4,5 Tagen. „Je länger die Gäste bleiben, umso weniger An- und Abreisen und damit auch weniger Verkehr“, erläuterte Tirol Werbung-Geschäftsführerin Karin Seiler. "Es ist daher ein strategisches Ziel von uns, die Aufenthaltsdauer zu verlängern." Die Tirol Werbung hat sich in den vergangenen Monaten insgesamt neu aufgestellt und Strategie sowie Struktur weiterentwickelt, um den Zielen der Tourismusstrategie Tiroler Weg bestmöglich gerecht zu werden. Neben einem Future Lab für potenzielle Zukunftsthemen gibt es beispielsweise ein eigenes Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit. "Dort bündeln wir Themen wie Klima oder Mobilität", so Seiler.
Nach der großen Unsicherheit im Vorfeld der aktuellen Wintersaison aufgrund von Energieknappheit und Teuerung zeigte sich Alois Rainer mit der bisherigen Bilanz zufrieden. Laut dem Spartenobmann für Freizeit- und Tourismuswirtschaft in der Wirtschaftskammer Tirol haben die Betriebe die Schwierigkeiten des abgelaufenen Winters gut gemeistert. Herausforderung bleibe allerdings die Personalsituation. "Die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tourismus ist seit 2015 um 40 Prozent gewachsen. Das ist einerseits ein klares Zeichen für unser konsequentes Streben nach Qualität, zum anderen das Ergebnis attraktiverer Rahmenbedingungen für die Arbeitskräfte", machte Rainer deutlich. Denn sowohl ein höherer Standard als auch flexiblere Arbeitszeitmodelle führen zu einem Mehrbedarf an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Da sich diese Entwicklung stetig fortsetze, fehle vielfach weiterhin das dringend notwendige Personal.
Für den Sommer wird eine gute Nachfrage erwartet. Das saisonale Tourismusbarometer bestätigt eine hohe Anziehungskraft des Urlaubslandes Tirol. 78 Prozent der Betriebe sind mit der Buchungslage für die Sommersaison zufrieden bzw. sehr zufrieden. Das ist ein besseres Ergebnis als im Vorjahr (74 Prozent). "Diese gute Nachfrage gilt es, für eine selbstbewusste Preisgestaltung zu nutzen", sagte Gerber. Das sei ein wichtiger Hebel, um die Wertschöpfung im Sommer zu steigern, die noch hinter jener des Winters liegt. Die Befragung hat gezeigt, dass etwa sechs von zehn Betrieben die Preise für die kommende Sommersaison erhöht haben.
"In der Detailanalyse der Buchungslage sehen wir ebenfalls die Bedeutung des Marktes Deutschland für Tirols Tourismus", erläuterte Seiler. "Mit den Buchungen deutscher Gäste sind laut Tourismusbarometer gleich 92 Prozent der befragten Betriebe sehr zufrieden oder zufrieden." Für den Markt Niederlande zeigen sich knapp 85 Prozent der Betriebe zufrieden oder sehr zufrieden. Bei den Buchungen aus dem Heimmarkt Österreich liegt dieser Wert bei 80 Prozent.
Die Tirol Werbung investiert rund sechs Millionen Euro in die Kommunikationsmaßnahmen für den kommenden Sommer. Dabei setzt das Unternehmen neben dem Fokus auf die Haupturlaubszeit im Sinne einer saisonalen Entzerrung auch auf Maßnahmen zur Bewerbung des Herbstes.
Zuversichtlich blickt auch Spartenobmann Rainer Richtung Sommer: "Die Hälfte der Unterkunftsbetriebe geht laut Tourismusbarometer davon aus, das Umsatzergebnis vom Vorjahr halten zu können. 35 Prozent erwarten sogar, die Sommersaison 2023 mit einem Umsatzplus abzuschließen", weiß Rainer. Lediglich 13 Prozent rechnen mit Einbußen bei den Umsätzen.