Immer mehr Schweizer Skigebiete wie zum Beispiel St. Moritz, Zermatt und Flims Laax Falera entscheiden sich beim Skipassverkauf für eine Veränderung der Preisstrategie und setzen auf dynamische Preise. Bei diesem System sind die Skipasspreise nicht mehr statisch, sondern die Kosten für die Skitickets verändern sich täglich abhängig von verschiedenen Parametern. Die wichtigsten Faktoren sind die erwartete Skifahreranzahl, der Buchungszeitpunkt, die tatsächliche Nachfrage und die Wettervorhersage für die ausgewählten Skitage.
Dynamische Preise gibt es bereits seit längerem in anderen Bereichen, wie zum Beispiel an der Tankstelle oder auch bei der Buchung des nächsten Flugs. Aber wie wird diese Technologie jetzt auf Skipässe angewandt? Aktuell ist das dynamische Preissystem vor allem für Skifahrer interessant, die gerne in die Schweiz fahren, da vor allem Schweizer Skigebiete auf das System setzen, in Österreich oder Deutschland ist dies im Moment noch kein Thema. Durch ein besseres Verständnis für die Parameter bezahlen die Skifahrer in den ausgewählten Skigebieten zum Teil einen deutlich geringeren Skipasspreis als in den letzten Jahren. Dadurch ist das System auch für alle Wintersportler bedeutend, die schon immer vom Skifahren in St. Moritz träumen, aber denen der Skipass in den letzten Jahren zu teuer war.
Dynamische Preissysteme sind ein komplexes Thema und basieren auf schwierigen Algorithmen. Deshalb haben wir uns mit Patrick Schreiber, dem Pressekontakt der Smart Pricer GmBH, getroffen, um ein besseres Verständnis für diese Entwicklung zu erhalten. Smart Pricer ist in vielen Bereichen tätig, die im Zusammenhang mit dynamischen Preisen stehen. Das Unternehmen arbeitet unter anderem mit der Kinokette UCI, Eventveranstaltern und Fußballvereinen zusammen. In den letzten Jahren wurde ihr Aufgabenbereich auch auf dynamische Preise beim Skipassverkauf erweitert. Sie entwickeln seitdem für die Skigebiete Zermatt und St. Moritz die Algorithmen für dynamische Skipasspreise.
Die dynamische Preisgestaltung basiert auf der Analyse des Kaufverhaltens der Skifahrer beim Skiticketkauf. Hierbei wird das Verhalten der Wintersportler über mehrere Jahre hinweg ausgewertet, um zu sehen, wie sich der Besucherandrang an verschiedenen Skitagen gestaltet. Somit können die Skigebiete besser analysieren, an welchen Tagen die Anzahl der Skifahrer hoch ist und an welchen Tagen etwas niedriger. Anschließend wird eine prognostizierte Nachfrage der Tickets erstellt. Wenn diese höher ist als der Durchschnittswert, erhöht sich auch der Skipasspreis. Andersherum fällt der Preis, wenn die berechneten Skifahrerzahlen unter dem Durchschnitt liegen. Dadurch gibt es bereits große Preisunterschiede zwischen Ferienzeiten und der Vorsaison, sowie dem Wochenende und Wochentagen.
Zusätzlich bestimmt die tatsächliche Nachfrage den Preis wesentlich. Hierbei variiert der Preis - je nachdem, ob die tatsächliche Nachfrage über den Onlinekauf den Berechnungen entspricht oder davon abweicht: Wenn nur wenige Wintersportler den Skipass für einen bestimmten Termin kaufen, sinkt der Preis, um die Nachfrage anzukurbeln. Andersherum steigt der Preis, wenn der Termin beliebter ist als berechnet. Für Frühbucher ist vor allem die prognostizierte Nachfrage wichtig und es wird daher ein weiterer erheblicher Rabatt auf den Preis gewährt. St. Moritz garantiert zum Beispiel 30 % Nachlass, wenn mindestens 15 Tage im Voraus gebucht wird.
Bei kurzfristiger Buchung wird der Preis zusätzlich von aktuellen Daten wie der Wettervorhersage beeinflusst. Das Ziel ist hierbei, bei Schlechtwetter den Verkauf durch eine Senkung des Preises zu verstärken. Bei schönem Wetter kann der Preis ansteigen, um die Nachfrage auf andere Tage zu verteilen und überfüllte Pisten zu vermeiden.
Viele Skifahrer stehen dem Konzept des dynamischen Preissystems eher kritisch gegenüber. Herr Franz Blechschmidt, der Geschäftsführer von Smart Pricer, erläutert die Vorteile folgendermaßen: "Die Wintergäste profitieren von attraktiven Rabatten für Frühbuchungen und Mehrtageskarten, während die Bergbahnen die Qualität ihres Services durch kürzere Schlangen an Kassen und Liften sowie eine bessere Auslastung über die Saison verbessern können". Somit werden speziell Familien, die ihre Reise bereits frühzeitig planen, ordentlich belohnt. Das System könnte somit den reibungslosen Ablauf direkt im Skigebiet, aber auch indirekt beim Skibusverkehr oder bei verfügbaren Parkplätzen verbessern.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt wäre laut Herrn Schreiber, dass die Anzahl der Skifahrer an Feiertagen oder in den Skiferien beeinflusst werden. Durch den höheren Preis an vollen Tagen kann das Skigebiet die Anzahl der Wintersportler regulieren. Somit werden die Kapazitäten der Skigebiete nicht überstrapaziert und der Skigenuss bleibt erhalten. Familien mit Kindern, die an die Ferienzeiten gebunden sind, können bereits frühzeitig buchen, um so zu sparen.
Benachteiligt werden alle Wintersportler, die kurzfristig buchen und den vermeintlich höheren Preis bezahlen müssen. So muss in St. Moritz mit einem deutlichen Preisanstieg beim Kauf des Skitickets direkt an der Kasse gerechnet werden. Der Preis für den Tagesskipass an der Kasse liegt hierbei bei über 100 CHF und ist somit deutlich höher als in den umliegenden Skigebieten. Wochenendgäste, die nur bei schönem Wetter das Angebot nutzen und deshalb nur einige Tage im Voraus buchen, sind ebenfalls von den Veränderungen betroffen. Die Skifahrer müssen also für ihre spontane Planung einen Aufpreis zahlen. Ob sich diese Gäste lieber ein anderes Skigebiet mit statischen Preisen aussuchen, bleibt vorerst abzuwarten.
Ein weiteres Problem ist die komplexe Informationsweitergabe an das gesamte Publikum. Die Skigebiete haben zwar über das neue Ticketsystem informiert, trotzdem werden sich die Wintersportler nur langsam an das neue System gewöhnen. Außerdem muss die Preispolitik für die Wintersportler leicht verständlich und nachvollziehbar sein.
Viele Skigebiete in Österreich beobachten die Entwicklung zwar regelmäßig, aber es ist in naher Zukunft keine große Veränderung des Preissystems geplant. Allerdings wird von Experten befürchtet, dass ein größerer Wettbewerb durch Dumping-Preise entsteht. Das sei jedoch laut Herrn Schreiber nicht das Ziel der dynamischen Preise: "Die Skigebiete lernen durch die Daten die Wünsche der Wintersportler kennen und können ihr Angebot und auch ihre Preise nach ihren Gästen ausrichten. Die Skigebiete gewinnen durch Datenauswertung und die dynamischen Preise an Individualität dazu." Außerdem können die Parameter für die Skipassberechnung nach jeder Saison verändert werden, falls der Bedarf besteht, um bestimmte Zielgruppen wie zum Beispiel Familien mit Schulkindern stärker anzusprechen. In diesem Fall könnte der dynamische Preis für frühzeitige Buchung in der Ferienzeit gesenkt werden.
Die dynamische Preisberechnung ist komplex und steht im Bereich Skipass noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung. Es ist eine deutliche Umstellung für die Skifahrer, bietet aber auch viele neue Chancen für den Skitourismus. Die Vorteile überwiegen: Dynamische Preise fördern die frühzeitige Planung des Skiurlaubs und verringern in diesem Fall den Skipasspreis für Frühbucher deutlich. Das Ganze wird begleitet durch weitere positive Nebeneffekte, die von vielen Skifahrern begrüßt werden: Im Idealfall werden volle Pisten und Warteschlangen verhindert, Serviceangebote wie Skibusse oder verfügbare Parkplätze werden für die Skigebiete leichter planbar und haben somit auch positiven Einfluss auf den Komfort der Skifahrer. Nachteilig ist das neue System vor allem für Spontanbucher, die für ihre Flexibilität einen teils erheblichen Mehrpreis zahlen müssen.
Zum besseren Verständnis haben wir die Skipasspreise der Skigebiete St. Moritz und Zermatt mit denen der Vorsaison verglichen.
Hier geht es zum Vergleich der Skipasspreise.