Der Lawinenwinter in der Saison 1998/99 erreichte im Februar seinen Höhepunkt mit mehreren großen Lawinenabgängen.
Besonders die Lawinen in Chamonix, Evolène und Galtür forderten viele Todesopfer und waren gleichzeitig ein wichtiger Wegweiser für zukünftige Lawinenprävention.
Im Februar 1999 sorgten anhaltende, ergiebige Niederschläge für eine ungewöhnlich hohe Schneedecke im Alpenraum. Über einen Zeitraum von drei Wochen kam es zu sehr großen Neuschneemengen. Vielerorts wurden Rekorde für die Schneehöhe und die Neuschneemenge im Monat Februar aufgestellt. In Galtür fielen beispielsweise zu dieser Zeit fast 400 cm Neuschnee. Der 100-jährige Durchschnittswert liegt bei ca. 60 cm für diesen Zeitraum. Der bis dahin geltende Neuschneerekord betrug 267 cm. In vielen Nordhängen wurden Schneehöhen deutlich über fünf Meter gemessen. Zusätzlich wehte der Nordwind oftmals mit Sturmstärke und verursachte große Schneeverwehungen. An einigen windgeschützten Stellen betrug die Schneehöhe zehn Meter. Außerdem verhinderte die bereits seit Tagen anhaltende schlechte Witterung Erkundungsflüge durch Helikopter oder kontrollierte Lawinensprengungen.
Die Kombination dieser Faktoren führte zu einem sehr hohem Lawinenrisiko. Vom 21. bis 23.02.1999 erwärmte sich die Temperatur und die Frostgrenze stieg auf über 2.000 Meter an. Dadurch gab es zahlreiche Brüche in der Schneedecke, wodurch diese instabil wurde. Zahlreiche Lawinenabgänge waren die Folge, die im Hochgebirge einen Stillstand in der Verkehrsinfrastruktur verursachten. Am 21.02.1919 verschüttete eine Lawine im Schweizer Dorf Evolène 25 Personen, wovon zwölf verstarben.
Zwei Tage später wurde das von der Außenwelt abgeschnittene Dorf Galtür in Tirol von einer Staublawine zum Teil stark zerstört. Diese 400 Meter breite Lawine forderte insgesamt 31 Opfer und gilt als eines der schlimmsten Lawinenunglücke in der jüngeren Vergangenheit. Am 24.02.1999 ging in Valzur, einer Wohnsiedlung der Gemeinde Ischgl, ebenfalls eine Lawine ab, bei der sieben Personen ums Leben kamen. Insgesamt wurde im Winter 1998/99 die zehnfache Anzahl von Schadenslawinen im Vergleich zu den Vorjahren registriert.
>Einige Forschungsgruppen, darunter auch das Institut für Schnee und Lawinen in der Schweiz (SLF), erhielten den Auftrag, den Lawinenwinter 1998/99 aufzuarbeiten. Das SLF zog eine positive Bilanz im Umgang mit den Lawinenabgängen, äußerte aber auch Optimierungspotential. In der jahrhundertelangen Historie von Galtür gab es kein ähnliches Ereignis, weshalb das Gefährdungspotential für den Ort nicht bekannt war. Seit 2002 wurde ein Frühwarnsystem für die bessere Kommunikation zwischen ausgewählten Beobachtern eingerichtet. Diese werden unterstützt durch zahlreiche Messstationen im Hochgebirge, deren Anzahl verdoppelt wurde und somit den Experten wichtige Informationen über die Situation am Berg weitergibt.
Seit 1999 wurden an vielen Steilhängen Sprenganlagen installiert, um die Abhängigkeit von flugfähigem Wetter zu verringern. Somit können auch bei anhaltendem Schlechtwetter Sprengungen durchgeführt werden, um den Aufbau einer gefährlichen Schneedecke zu verhindern. Alleine zwischen 2000 und 2010 wurden fast sieben Millionen Euro im Dorf Galtür in den Lawinenschutz investiert. Das Dorf ist durch meterhohe Schutzwälle direkt geschützt. Zusätzlich installierte die Gemeinde hunderte Lawinenverbauungen am Hang, damit sich auch zukünftig keine großen Lawinen lösen können. Seit dieser Zeit hat das Land Tirol dreistellige Millionenbeträge für den Lawinenschutz ausgegeben.
Auch Anfang 2018 fielen vor allem in der Schweiz innerhalb von zwei Wochen über drei Meter Neuschnee. Zwar waren die Neuschneemengen nicht so groß wie im Februar 1999, trotzdem galt für einige Tage die höchste Lawinenstufe fünf. Es kam zu zahlreichen Lawinenabgängen, wobei durch gute Zusammenarbeit der Experten mit den Gemeinden schwere Unglücke verhindert wurden. Das SLF zog nach der Wintersaison eine positive Bilanz, dass die umgesetzten Präventionsmaßnahmen vor allem in der Kommunikation und Organisation funktionierten. Trotzdem gibt es natürlich keine hundertprozentige Sicherheit vor solchen Unglücken. Gerade deshalb sollte der Wintersportler verstehen und respektieren, wenn es zu Einschränkungen und Sperrungen von bestimmten Gebieten im Skigebiet oder Zufahrtsstraßen kommt.